Befreiung vom Überfluss

Dass unsere auf Wachstum gebaute kapitalistische Wirtschaft der Erde und uns immer schneller immer größere Probleme schafft, ist akzeptiertes Allgemeinwissen. Nur, wie kommen wir aus dieser Abwärtsspirale heraus?

Einen möglichen Ansatz beschreibt der Nachhaltigkeitsforscher Niko Paech auf 160 Seiten in seinem Buch „Befreiung vom Überfluss – Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie“.

Sein Konzept besteht aus vier Prinzipien. Die Grundbedingung ist allerdings, dass wir die Wochenarbeitszeit auf 20 Stunden ohne Lohnausgleich reduzieren – um die  freigewordene selbstbestimmte Lebenszeit sinnvoll zu Nutzen im Dienste unserer Gesundheit und der Erde. Ein Bedingung, bei der viele Arbeitgeber und Arbeitnehmer ungläubig den Kopf schütteln werden. Niko Paech hält das jedoch für durchaus realistisch, was er in seinen vier Prinzipien weiter ausführt:

Erstes Prinzip – Suffizienz

Als Erstes sollten wir uns von unserem Wohlstandsballast entledigen. Damit meint er nicht, dass wir Minimalisten werden müssten. Sondern wir sollten bewusst nur noch diejenigen Produkte konsumieren, die (a) wir wirklich brauchen, die (b) lange halten und die (c) einfach zu reparieren sind. Und alles Unnötige vermeiden, da es eben unnötig Ressourcen verbraucht.

Zweites Prinzip – Subsitenz

Gleichzeitig müssten wir aus der Flut an Werbereizen ausbrechen und Hoheit über unsere Zeit zurück gewinnen, die viel zu oft an Freizeit-Industrie und Fernseh-Konsum verloren geht.

In der gewonnenen Zeit durch Reduktion der Wochenarbeitszeit und weniger Inanspruchnahme von Freizeitindustrie sollten wir wieder vieles selbst herstellen, was wir vorher eingekauft haben: Kosmetika, Nahrungsmittel und wir reparieren Produkte.

Gleichzeitig sollten wir Konsum vermeiden, indem wir Produkte gemeinschaftlich nutzen. Wir sollten uns gegenseitig unterstützen indem wir Leistungen tauschen und gemeinnützige und ehrenamtliche Arbeit leisten. Damit würden wir nicht nur Ressourcen sparen, sondern auch viel Geld, was uns durch die Reduktion der Wochenarbeitszeit nicht mehr zur Verfügung stünde.

Drittes Prinzip – Regionale Ökonomie

Das dritte Prinzip ist für Paech die De-globalisierte Wirtschaft mit regionalen Komplementärwährungen (wie dem Freitaler) und gemeinschaftlicher Landwirtschaft. Das spart viele unnötige Transporte und Energie.

Viertes Prinzip – Globale Arbeitsteilung

Schlussendlich sollten wir uns in der globale Arbeitsteilung auf effizientere Technologien fokussieren und Produkte entwickeln, die nach Ende ihres Lebenszyklus nicht weg geworfen werden müssten, sondern sich zu neuen Produkten umgestalten lassen würden.

Mein Fazit

Der Weg in die Postwachstums-Ökonomie wird nicht einfach sein, egal nach welcher der diskutierten Strategien. Gleichzeitig gibt es zu diesem Weg keine Alternative – denn grenzenloses Wachstum ist einfach unmöglich.

Jede Veränderung beginnt mit dem ersten Schritt: Viele Aspekte der in dem Buch von Niko Paech beschriebenen Prinzipien lassen sich heute schon umsetzen und werden es auch. Und was die Grundbedingung angeht – ich kenne viele Menschen, für welche die 40-Stundenwoche schon lange kein Thema mehr ist und die ihre freigewordene Zeit in sinnvolleres als Freizeitindustrie und Fernsehen investieren.

Insgesamt finde mag ich an dem Buch, dass es tolle Impulse bringt und zum Nachdenken anregt. Durchaus eine lohnenswerte Lektüre!

  • Titel: Befreiung vom Überfluss: Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie
  • Autor: Niko Paech
  • Verlag: oekom verlag (3. April 2012)
  • ISBN-10: 3865811817
  • ISBN-13: 978-3865811813

Gebraucht zum Beispiel bei Booklooker.de oder Medimpos.


Titelbild: By Marcus Sümnick – Own work, CC BY 3.0

4 Gedanken zu „Befreiung vom Überfluss

  1. Lidstrich

    Hi Martin,
    ich finde deine Seite gut. Ich kann noch weitere Buchempfehlungen aussprechen, die ebenfalls mit diesem Thema zu tun haben: „1 Prozent ist genug – Mit wenig Wachstum soziale Ungleichheit, Arbeitslosigkeit und Klimawandel bekämpfen“ von Jorgen Randers und Graeme Maxton. Die Autoren schlagen auch eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit vor.
    Ich habe auch gelesen, dass unsere merkwürdige 40-Stunden-Arbeitswoche (ich meine, wie kommen wir auf diese Zahl??) noch ein Relikt aus einer anderen Zeit ist, wo es notwendig war, 8 Stunden pro Tag am Fließband zu stehen, damit kein Produktionsstopp entsteht.
    Aber diese Zeit ist vorbei!!! So viele Leute gehen ins Büro oder sonstwohin, und verbringen ihre Zeit mit E-Mails checken, sich langweilen und Kaffeetrinken. Effektiv arbeiten tun sie vielleicht 2 Stunden pro Tag.
    Außerdem bin ich absolut dafür, weniger zu konsumieren. Ich habe letztens eine Wagenladung Klamotten von einer Freundin geschenkt bekommen, und mir vorgenommen, mir die nächsten Jahre nichts an Textilien zu kaufen. Und wenn dann Second-Hand oder erst mal im Freundeskreis rumfragen.. Wir haben doch längst alle genug, denke ich …

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    1. Martin Autor

      Hallo Lidstrich,
      ich habe mir noch nie Gedanken gemacht, wie wir auf die 40 Stundenwoche gekommen sind – Danke für den Impuls! Und es ist wirklich seltsam, dass wir unser waches Leben um die Arbeit herum organisiert haben und Familie und Freunde an die Randbezirke des Tages legen. Gleichzeitig finde ich es durchaus ok, viele Stunden am Tag etwas für die Gemeinschaft / Gesellschaft / Erde beizutragen („arbeiten“), wenn es mir Freude bringt und ich es gerne, aus freien Stücken mache (ohne dass mich ängstliche Gedanken vor Armut, Ausgegrenzt-sein etc. treiben). Ich finde es toll, wie Du mit gutem Beispiel bei der Nachhaltigkeit voran gehst. Hoffentlich findet das viele Nachahmer!

      Liebe Grüße, Martin

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      1. Lidstrich

        Hallo Martin,
        ja, ich kann, was du schreibst, nur bestätigen. finde es schlimm, dass viele Menschen schlecht bezahlte, oder/und gefährliche Jobs annehmen, weil sie Angst vor dem Stigma und der Armut in Hartz 4 haben. Wenn Arbeitslose Menschen nicht mehr wie Aussätzige behandelt werden würden … das wäre wirklich ein Traum.

        Du schreibst, du findest es okay, etwas für die Gemeinschaft zu tun … das finde ich im Grunde auch. Im Moment empfinde ich unsere Gesellschaft als so krank, dass ich gar kein Teil davon sein will, und nichts für irgendjemanden tun will. Irgendjemand hat mal gesagt, es wäre nicht gesund, an eine kranke Gesellschaft angepasst zu sein. Aber vielleicht ist das auch zu pessimistisch betrachtet.

        Übrigens finde ich eure Rezepte auf dieser Seite auch sehr gut. Weiter so!!!!

        Viele Grüße

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